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Energie für Handwerk und Industrie

Über Jahrhunderte hinweg waren Handwerker bei der Herstellung ihrer Waren auf die eigenen Muskeln, die Unterstützung durch Tiere oder örtlich vorhandene Wind- und Wasserkräfte angewiesen. In Ulm konnte nur die durch die Stadt fließende Blau zur Eneriegewinnung genutzt werden, die Donau und die Iller waren dafür zu wild und zu unberechenbar.
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Kraft der Blau durch Mühlen und Pumpwerke zu 100% ausgenutzt (siehe → Ulmer Mühlen). Neue Betriebe, die wegen der aufkommenden Mechanisierung (Webereien, Tabakfabriken, Kühlaggregate für Brauereien usw.) einen besonders hohen Energiebedarf hatten, waren gezwungen nach Alternativen zu suchen. Die fanden sie in Mühlen im Umland (z. B. Wieland und die Mechanische Weberei von Johann Georg Krauß an der Iller) oder durch den Einsatz der inzwischen erfundenen aber in Anschaffung und Betrieb noch sehr teuren Dampfmaschine.1
Eine Liste der in Ulm eingesetzten Dampfmaschinen und Lokomobile findet sich bei -» Albert Gieseler - Kraft- u. Dampfmaschinen.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts erlaubten dann billigere Gasmotoren auch kleineren Handwerkeren und Betrieben die Teilnahme an der immer schneller fortschreitenden Mechanisierung in der Produktion. Das dafür notwendige Gas wurde in dem 1853 eröffneten Gaswerk aus Kohle gewonnen. Errichtet wurde diese "Gasfabrik" hauptsächlich für den Betrieb der städtischen Straßenbeleuchtung. Aber auch Privathaushalte nutzten schon ihren Gasanschluß zur Hausbeleuchtung und zu Heizzwecken.
Mitte der 1960er Jahre sollte der Umstieg vom lokal erzeugten Gas auf Ferngas erfolgen, das in zentralen Raffinerien (z.B. in Karlsruhe) produziert wurde. Die Erschließung von Gasfeldern in Oberschwaben beschleunigten dann den Umstieg auf Ergas als einem der wichtigtsten fosilen Energieträger der heutigen Zeit.2

Ebenfalls zum Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich auch der Elektromotor als Antrieb von Maschinen durch. Vorangetrieben wurde die Nutzung der elektrischen Energie in Ulm hauptsächlich durch den Wunsch nach einer Straßenbahn, die dann auch tatsächlich 1897 in Betrieb genommen werden konnte. Zwei Jahre später, am 1. Dezember 1895, ging das erste Ulmer Elektrizitätswerk an der heutigen Münchner Straße in Betrieb. Inhaber war die Elektrizitäts-AG vormals Schuckert & Co. (später Siemens-Schuckert). Mit Strom versorgt wurden 96 Häuser und 10 Motoren.
Strom als Energielieferant setzte sich schnell auch in anderen Bereichen durch, Gasmotore wurden durch Elektromotore, Gasbeleuchtung durch elektrische Lampen ersetzt, der Strombedarf stieg rapide. 1899 wurde daher das erste Kraftwerk an der Iller zur Stromversorgung von Ulm ans Netz genommen. Weitere Werke an der Donau folgten. Heute (Stand 2018) wird in elf städtischen Wasserkraftwerken eine Gesamtleistung von rund 19 MegaWatt erzeugt. Das entspricht ca. 12% des städtischen Gesamtstromverbrauchs.
Die Wasserkraft und das alte E-Werk konnten schon bald den Strombedarf der Stadt nicht mehr decken. Im Winter 1908/1909 kam es zu einer Energie-Krise weil die Wasserkraftwerke wegen Eisgang weitgehend still standen. Ein neues Dampfkraftwerk musste gebaut werden, es entstand noch im gleichen Jahr wegen der besseren Anlieferung der großen Kohlenmengen am Westgleis. Der letzte kohlebetriebene Kessel dieser Anlage, die heute zur FUG (Fernwärme Ulm) gehört, soll 2022 ausser Betrieb gehen.3

Die Energieversorgung der Stadt ist ausführlich beschrieben in einem Beitrag zu den -» Ulmer Geschichten im Netz - Energiequellen
in Ulm im Wandel der Zeit
des Stadtarchivs Ulm und zusammenfassend in einem Beitrag von Prof. Albert Haug zur Schriftenreihe "Ulm und Oberschwaben" (Energiegeschichte von Ulm, in Ulm und Oberschwaben Bd. 52, S. 257ff, Hg. Stadtarchiv Ulm, 2001).

Quellen:
1: Albert Haug, Uwe Schmidt - Teichel, Brunnen, Pumpen
2: Albert Haug - 150 Jahre Ulmer Gas
3: Uwe Schmidt - 100 Jahre Energie für Ulm

energietechnische Kleindenkmale in Ulm / Neu-Ulm



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