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Malzfabriken

Malz ist ein weiterverarbeitetes Getreide, das in Wasser eingeweicht kurzzeitig zum Keimen gebracht und dann wieder getrocknet ("gedarrt"), geschrotet und vermahlen wurde. Dadurch entstehen Zuckerstoffe und Enzyme, die beim Backen und Brauen eingesetzt werden.
Die Malzherstellung war bis Mitte des 19.Jahrhunderts ein zweigeteilter Prozess. Jede Brauerei dörrte ihr Malz selbst. Auch den Bäckern und Konditoren war gemälztes Getreide als Backhilfsmittel schon lange bekannt. Das Malzschroten war dagegen ein Privileg der Müller, die neben ihren →Getreidemühlen meist auch Schrotmühlen betrieben. 1855 stellte jedoch die Gold-Ochsen Brauerei den Antrag eine eigene Malzschrotmühle für ihr Braumalz errichten zu dürfen, die mit einer Dampfmaschine angetrieben werden sollte. Die Müller, die auf die begrenzte Wasserkraft der Blau angewiesen waren, befürchteten ein große Konkurenz, wenn zukünftig "jeder sein eigenes Malz" herstellen dürfe. Sie konnten sich mit ihrem Protest aber nicht durchsetzen, schon kurze Zeit später folgten andere Brauereien dem Beispiel von Gold-Ochsen und errichteten eigene Mälzereien.

Große Mengen Malz zu erzeugen ist jedoch mit einigem Aufwand verbunden. Entweder musste der Müller neben seinen Getreidemahlgängen einen separaten Schrotgang vorhalten, wobei jeder Gang meist ein eigenes Wasserrad erfordete, oder es war die Anschaffung einer auch im Unterhalt teuren Dampfmaschine notwendig. Zudem unterlag Malz einer staatlichen Steuer, Teile des Mahlwerks mussten daher abgeschlossen oder so konstruiert sein, dass ein unkonrolliertes Schroten und damit eine Steuerhinterziehung nicht möglich ist. Darüber hinaus war die Malzdörre wegen der von ihr ausgehenden Brandgefahr an einige Vorschriften gebunden. Der Kamin einer Dörre musste die umgebende Bebauung um 1,5 Meter überragen und regelmäßig von einem Kaminfeger geprüft und gereinigt werden.
Kleinere Betriebe gingen deshalb zunehmend dazu über, ihren Malz nicht mehr selbst herzustellen sondern ihn bei größeren Brauereien, die weiter eine eigene Mälzerei unterhielten, oder bei speziellen Malz-Fabriken einzukaufen. Diese Malzfabriken sind in vielen Fällen aus Brauereien hervor gegangen, die ihren Brau-Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen einstellen mussten (z.B. Mälzerei Bantlin-Knittel/Brauerei z. Schiff, Dangel/z. Deutschen Reich, Ziegler/Württ. Hof; s. → Kap. Brauereien historisch)

Einer der Brauereien, die weiter selbst Malz herstellten, war die Ulmer Brauerei Gesellschaft UBG. Nachdem sich die Brauerei zum Storchen dieser Gesellschaft 1891 angeschlossen hatte, waren deren Brauanlagen überflüssig geworden. Sebastian Geis übernahm die Mälzerei, war damit aber glücklos und gab wenige Jahre später auch sie an die UBG ab.
Auch die Gold-Ochsen Brauerei nutzte natürlich weiterhin ihre 1855 genehmigte Mälzerei.

Anders gelagert ist der Fall der Malz-Fabik Murschel, Stängle & Comp.
Der Konditor Gottlieb Murschel, zu seiner Zeit sehr bekannt und angesehen in der Stadt, ärgerte sich darüber, dass er das für ihn wichtige Backmalz teuer von aussen importieren musste. Johannes Stängle, Besitzer der 3-König-Brauerei, hatten großen Bedarf an Braumalz und die Familie Leibinger, derzeit noch im Pfeifenmachergeschäft tätig, ahnt vielleicht schon dass sie bald eine neue Einnahmequelle benötigt und dass diese im Braugewerbe liegen könnte. Diese drei kaufen 1839 zusammen mit anderen Teilhabern die nach nur 2 Jahren Betrieb in Konkurs gegangene "Ulmer Runkelrüben-Zuckerfabrik" in der Nähe des Gögglinger Tors und bauen sie zu einer Malzfabrik um. Dieses Unternehmen konnte sich unter wechselnden Besitzern bis in das 20.Jahrhundert halten.

Im ausgehenden 19.Jahrhundert kam eine andere Mode auf, die den Malzverbrauch weiter steigen lies, der Malzkaffee zog in die Wohnstuben ein.
Aus fernen Ländern importierter Kaffee ist teuer, das in ihm enthaltene Coffein nicht für jedermann bekömmlich. Kaffeeähnliche Getränke waren zwar schon lange bekannt aber noch nicht verbreitet. Die Firma Kathreiner in München begann dann 1889 mit Forschungen für einen industriell hergestellten Ersatzkaffee aus Gerstenmalz. Das neue Produkt war ein großer Erfolg und fand viele Nachahmer. Besonders in den durch Mangel gekennzeichneten Wirtschaftskrisen- und Nachkriegszeiten waren alle Arten von Ersatzkaffee (Zichorienkaffee, Malzkaffee, Muckefuck usw.) sehr beliebt. In den Ulmer Mälzereien deckte dieses Produkt aber nur eine Nische ab, die durch andere Neuentwicklungen wie das heute verpönte Farbmalz zur Herstellung dunklen Biers, ergänzt wurden.

Die Malzproduktion im Ulmer Raum wird heute dominiert durch die Firma Schwabenmalz in Baustetten bei Laupheim. Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen ist ein Zusammenschluß der Malzfabrik Ludwig Zimmermann in Baustetten, der FäserMalz in Giengen a.d.Brenz und der Warthausener Malzfabrik in Warthausen bei Biberach.


Quellen:
1: Albert Haug, Die Ulmer industrielle Revolution - beim Bier, in: Ulm und Oberschwaben, Bd. 53/54, Stadtarchiv Ulm 2007
alle anderen Daten: Stadtarchiv Ulm, Adressbuch 1812 - 1939


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