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Buchbinder und Spielkartenherstellung

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Bedingt durch die lange Tradition des Buchdrucks in Ulm und die damit einhergehende große Zahl an Buchdruckereien siedelten sich in der Stadt auch einige Buchbindereien an. Industrielle Ausmaße erreichte diese Branche hier aber nur selten. Meistens blieb es bei handwerklich orientierten Betrieben, die oft auch andere Gewerke innerhalb der Papierverarbeitung übernahmen. Oft war mit der Buchbinderei auch eine Schreibwarenhandlung verbunden, manchmal auch ein Photo-Atelier. Lediglich die Firma Hochlehnert, die neben der Buchbinderei und der Geschäftsbuch-Druckerei auch Kartonartikel herstellte, hatte eine respektable Größe und Bekanntheit erreicht. Aber auch andere Buchbindereien, die auf eine lange Firmengeschichte zurückblicken können, sollen an der Stelle erwähnt werden.

Spielkarten und ihre Herstellung1,2
Eines der ältesten Massenprodukt, die Ulmer Drucker hergestellt haben, waren Spielkarten.
Kartenspiele sind in Europa seit dem Ende des 14. Jh. bekannt. Ihr Ursprung wird in Persien und China vermutet. Mit dem Orienthandel der italienischen Stadtrepubliken gelangten sie nach Venedig, von wo aus sie sich schnell entlang des Oberrheins und in Schwaben verbreiteten. Besonders in den süddeutschen Reichs- und Handelsstädten wie Augsburg, Konstanz, Kempten, Ravensburg und Ulm, die neben den intensiven Kontakten nach Italien als Marktplatz den Spielern viel Raum und Gelegenheit boten, fand das gesellige Kartenspiel schnell anklang.

Gespielt wurde in allen Bevölkerungsschichten. Während es im Adel und unter den Patriziern zum beleibten und angesehenen Zeitvertreib zählte wurde es bei der Unterschicht und der bäuerlichen Bevölkerung nicht gerne gesehen und durch Stadtverordnungen mehrfach verboten. Der Grund dürfte darin liegen, dass ähnlich wie bei den zur gleichen Zeit verbreiteten Würfel- und Kegelspielen, meist auch um Geld gespielt wurde und die Einsätze bei diesen Glücksspielen für die Schuldner schnell existenzgefährdent werden konnten so dass ruinierte Bürger dann der städtischen Armenfürsorge zur Last fielen.
Weder die Spielverbote noch die eindringlichen Predigten von der Kanzel konnten jedoch die allgemeine Freude am Kartenspiel mindern. Man beschränkte sich daher später darauf das Spiel im "adeligen Gemach" und der heimischen Stube frei zu geben und für Hazardspiele wie Macao, einer frühen Baccara-Variante, oder 'Siebzehn und Vier' Höchsteinsätze festzulegen und Verstöße streng zu bestrafen. In der gehobenen Bürgerschaft waren eher anspruchsvollere Spiele wie Whist, Piquet und eine Vielzahl von Tarock-Varianten beliebt. Diese Kreise waren zwar ebenso von Spielsucht bedroht, sie konnten Verluste durch ihre finanziellen Mittel und ihre gesellschaftliche Stellung aber leichter tragen.
Mit Beginn des 18.Jahrhunderts fand die Obrigkeit im Kartenspiel eine neue Einnahmequelle und besteuerte die Spielkarten. Für jeden neu gedruckten Kartensatz musste eine Spielsteuer entrichtet werden die sich an der Zahl der Kartenblätter orientierte. Zum Nachweis der gezahlten Steuern wurde in einem frei gelassenen Fenster in der Verpackung eines neuen Spiels ein Steuerstempel gedruckt. Ein Herz-As des Ravensburger Kartenmachers Ludwig Luft trägt heute noch deutlich sichtbar einen Ulmer Stempel.

Schon in den ganz frühen Kartenspielen finden sich die heute üblichen Blätter mit vier Farben, drei Figuren- und unterschiedlich vielen Zahlenkarten. Die Bildkarten Unter, Ober(Dame) und König sollten einen Bezug zum Hofstaat herstellen. Auf den Zahlenkarten waren Tiere, Waffen oder höfische Gegenstände als Farbwert in einer dem Zahlenwert entsprechenden Menge abgebildet, die Zahl selbst jedoch noch nicht. Den heute üblichen Index in den Kartenecken gab es erst viel später. Auch die deutschen Farben Eichel-Laub-Herz-Schelle bzw. die französischen Farben Kreuz-Pik-Herz-Karo entstanden erst im Laufe der Zeit.
Die Motive auf den Bild- und Trumpfkarten prägen das Erscheinungsbild eines Kartenspiels. Besonders beim Tarock wurden gerne mythologische Darstellungen, Jagd- und Militärszenen verwendet, sog. Ansichtentarocke entstanden. Regionale Charakteristika in der Gestaltung von Ober, Unter und König, die z.B. als Darmstädter, Bayerisches, Sächsisches oder Schwäbisches Bild (das in Ulm entstanden sein soll) bezeichnet werden, kennzeichneten die Herkunft und Verbreitung eines Kartenspiels.

Hergestellt wurden diese ersten Spielkarten entweder als handgemalte Einzelanfertigungen oder als Holzschnitte in Tafeln, mit denen die Motive über Pressen in ganzen Bögen einfarbig auf dickes Papier gedruckt werden konnten. Kartenmaler übernahmen dann für höherwertige Spiele die farbliche Ausgestaltung, billigere Spiele für das einfache Volk blieben meist einfarbig.
Das Papier für die Kartenspiele aus Ulm wurde lange Zeit in Ravensburg eingekauft, dem im Mittelalter führenden Zentrum der Papierherstellung. Schon 1390 nahm dort die erste Papiermühle ihren Betrieb auf, fünf weitere kamen später dazu.
Damit das Papier eine ausreichende Stabilität für die Nutzung als Spielkarte bekam wurde es dreilagig verklebt. Die obere Lage enthielt das Kartenbild, das Mittelblatt diente der Versteifung und die ebenfalls bedruckte untere Lage sollte mit seinem neutralen Muster vor einen Rückschluß auf den Kartenwert schützen. Erst nach dem Verkleben der Bögen wurden die einzelnen Karten ausgeschnitten, sortiert und in meist in der gleichen Druckerei hergestelle Umschläge verpackt.

Einer der ersten um 1430 in Ulm bekannten Spielkartenmacher war Hans Wachter. 1449 wird der Kartenmaler Ludwig Kuch erwähnt und 1482 soll der Kartenmacher Leonhard Holl seine Ware bis Venedig und Konstantinopel exportiert haben. Zu den wichtigen Kartenmachern zählt sicher auch der 1440 geborene Ludwig Hohenwang, der auch als Buchdrucker tätig war und schon mit beweglichen, allerdings noch hölzernen Lettern gearbeitet haben soll und damit in der Lage war, wechselnde Inschriften in seinen Drucken zu erzeugen. Das wohl älteste noch erhaltene Kartenspiel aus Ulm stammt von Jörg Zaunberger, wurde 1594 gedruckt und ist heute im Deutschen Spielkartenmuseum Leinfelden-Echterdingen zu besichtigen.
Die Kartenmacher waren ab dem 15. Jh. in Ulm so zahlreich vertreten, dass sie eine eigene Zunft bilden konten. Die an ein zünftiges Handwerk gekoppelte Ausbildung, die Regeln der Zunftordnung und der gesellschaftliche Status eines ehrbaren Meisters sorgten für eine gleichbleibende Qualität und eine angemessene Honorierung der von den Kartenmachern hergestellten Produkte.

In der Stadt Ulm wurde zwar 1397 erstmals und dann später immer wieder das Spielen mit Karten um Geld verboten. Für die hier inzwischen ansäßig gewordenen Spielkartenhersteller blieben aber ringsherum noch genug Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte.
Laut dem Stadthistoriker Felix Fabri bildete die Spielkartenmacherei im 15. Jahrhundert einen der wichtigsten Handelszweige Ulms. Das Gewerbe war so umfangreich, dass die Karten angeblich gleich fassweise, und damit sicher und trocken verpackt, in die ganze damals bekannte Welt geliefert wurden.
Nicht alle Kartenspiele sind jedoch in der Stadt selbst hergestellt worden. Vielmehr schloßen oft Kaufleute wie z.B. Otto Ruhland mit Holzschnitzern aus dem Salzburger Land und Tirol Lieferverträge über sog. Karten- und Bildstöcke, also die für den Druck nötigen Model, liessen die Karten bei fremden Druckern in hoher Stückzahl drucken, schneiden und verpacken und exportierten dann die fertigen Spiele zusammen mit ihren anderen Waren von Ulm aus in die Handelszentren Europas.

Die Weiterentwicklungen der Drucktechnik, die besonders den Buchdruck wirtschaftlicher gestaltet haben, gingen auch an den Kartenmachern nicht unbemerkt vorbei. Der Hochdruck mit Holzschnitten wurde vom Tiefdruck mit Kupferstichen abgelöst, auch die Lithographie hielt im 19. Jahrhundert Einzug in dieses Handwerk.
Der heute wohl als "hyggelig" apostrophierte Rückzug ins Private der Biedermeier-Zeit und die dabei gepflegten Formen der Geselligkeit sorgten nochmal für einen Aufschwung des Kartenspiels und entsprechendem Umsatz der Spielkartenhersteller. In der Literatur liest man zwar, dass das Gewerbe des Kartenmachens wegen der modernen Druckverfahren in vielen Städten Mitte des 19. Jahrhundert zu Ende ging. Da jedoch, im Gegensatz z.B. zu den Waren der Zundelmacher, das von den Kartenmachern hergestellte Produkt weiterhin in Gebrauch ist, gilt diese Aussage nur für die traditionelle Herstellungsweise. Das Gros der Kartenspiele entsteht nach ca. 1830 und bis heute in industriellen Druckerei-Betrieben.

Bis zum Jahr 1900 gab es in Ulm/Neu-Ulm noch 4 Druckereien, die sich "Spielkartenfabrik" nannten. Die meisten wurden jedoch von Buchbindern und Buchhändlern im Nebenerwerb betrieben. Dem wirtschaftliche Druck von Großunternehmen wie dem Otto-Maier-Verlag in Ravensburg (gegr. 1883) oder der Altenburger und Stralsunder Spielkartenfabrik ASS (ab 1872 aus dem Zusammenschluss mehrerer Spielkarten-Fabriken entstanden) waren sie auf Dauer aber nicht gewachsen.


Quellen:
1: Eugen Nübling - Ulms Kaufhaus im Mittelalter, Verlag Gebr. Nübling, Ulm 1900
2: Maren Hyneck - Spielkarten und spielende Gesellschaft in Ravensburg und Schwaben - in: Ulm und Oberschwaben, Bd. 60, 2017
alle anderen Daten: Stadtarchiv Ulm, Adressbuch 1812 - 1939



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