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Pappe- u. Papierwarenherstellung


Obwohl im alten Ulm früh und viel gedruckt wurde und die Reichsstadt für Handel und Verwaltung einen hohen Bedarf an Kanzleipapier hatte, tat sich das papierherstellende Gewerbe hier schwer. Erst 1641 wurde die erste Genehmigung für eine
→ Papiermühle
erteilt.
Den Besitzern (sog. "Papierer") gelang es selten sich gegen die auswärtige Konkurenz zu behaupten. Die Mühle zählte aber nach den Kriterien der Gewerbeordnung von 1823 zu den ersten Fabriken in Ulm.
Mehrere Kartonage- und Pappe-Fabriken folgten, die Branche ist mit einer international tätigen Fabrik für Papier im Bogen- und Rollenformat in Ehingen (Sappi) weiterhin stark vertreten

Die Papiermühlen in Ulm und Umgebung 1
Lange Zeit gab es in Ulm keine eigene Papierherstellung. Entgegen dem Wunsch der ansässigen Drucker war die Stadtführung der Meinung, auf eine eigene Papiermühle verzichten zu können. Man verließ sich auf die bestehenden Handelsbeziehungen zu Ravensburg, wo bis zur Mitte des 19.Jh. sechs Papiermühlen gute Qualität zu akzeptablen Preisen liefern konnten.
Ravensburg war im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit ein führendes Zentrum der Papierherstellung in Europa.
(-» Papierausstellung im Museum-Humpisquartier Ravensburg)

Erste Versuche um 1560 eine Papierwerkstatt einzurichten, scheiterten also am Widerstand des Ulmer Rats. Dessen Einstellung änderte sich jedoch Mitte des 17.Jh. Man erkannte die Notwendigkeit eines solchen Handwerks und lud den Giengener Papiermacher Christof Neuhaus ein, sich in der Stadt anzusiedeln.
Neuhaus war zuvor schon in Geislingen mit einer eigenen Papiermühle gescheitert. Den Neuanfang in Ulm wollte man ihm durch den Umbau einer Schleifmühle beim Gänstor und ein Monopol beim Lumpenhandel erleichtern.
Lumpen und Hader, also Textilien aus nicht mehr zu gebrauchenden Kleidungsstücken sowie Reste aus der Stoffherstellung waren bis Mitte des 19. Jahrhunderts die einzigen Rohstoffe für die Papierherstellung. Holz fand erst in den 1860 Jahren Eingang in die Produktion. Durch die Lande und Städte ziehende Lumpensammler kauften die Abfälle bei der Bevölkerung auf um sie an die Papiermühlen zu liefern. In Ulm war es auch den Kartenmalern erlaubt Lumpen für den eigenen Papierbedarf zu sammeln.

Für die Papierherstellung wurden die Textilien bis zum Verfaulen in Wasser eingeweicht und anschließend in einer Stampfmühle mechanisch zerkleinert. Aus dem entstandenen dünnflüssigen Faserbrei schöpfte der Papiermacher mit einem Schöpfrahmensieb die Papierstücke ab die dann ausgepresst als Einzelblätter in gut durchlüfteten Räumen der Papiermühle zum Trocknen aufgehängt wurden. Dieser Prozess war mit viel Gestank und Lärm verbunden, Papiermühlen standen deshalb meist ausserhalb der Stadt.

Die Qualität des Papiers hing stark vom Zustand und der Zusammensetzung der Textilrohstoffe ab. Das kann aber nicht allein die Ursache gewesen sein, dass die Ulmer Papiermacher besonders schlechte Papiere herstellten. Christof Neuhaus und auch sein Sohn Albrecht, der später die Papiermühle übernommen hat, mussten sich deswegen mehrmals vor dem Rat verantworten da darunter auch der Ruf der Stadt litt.
Nach dem Tod Albrecht Neuhaus heiratete dessen Witwe den Papiermachergesellen Matthäus Schmid, der versprach, die Ulmer Papiermühle wieder auf Vordermann zu bringen.
Etwa zur gleichen Zeit gründete der aus Ravensburg stammende Papierhändler Johann Schlappritz entgegen dem Willen des Rats der Stadt Ulm in Klingenstein eine neue Papiermühle. Das Grundstück gehörte zwar dem Freiherren zu Bernhausen, bis zur Mitte der Lauter war es aber noch ulmisches Gebiet. Die Mühle lief jedoch nicht gut, Schlappritz musste sie wegen seiner Schulden und dem politischen Druck aus Ulm seinem Gesellen Seegmüller verkaufen.
Dem gleichen Ulmer Widerstand beugen musste sich Caspar Kechelin, der kurz vor der Wende ins 18.Jahrhundert die Geislinger Papiermühle gekauft hat. Seine Ulmer Bürgerrechte halfen ihm da wenig.

Matthäus Schmid scheint die Mühle zwar ordentlich betrieben zu haben, sein Lebenswandel war dagegen nach damaligen Massstäben eher fragwürdig. Er flüchtete nach familiären Schwierigkeiten 1704 aus Ulm, die Mühle ging dann 1717 an Benedikt Beurlen aus Gingen.
Unter dessen Regie wurde die Mühle modernisiert, es begann eine Phase des Aufschwungs, die von seiner Witwe und den weiteren Erben der Familie Beurlen fortgeführt wurde.
Da das Anwesen jedoch vor den Toren Ulms lag litten die Beurlens besonders unter den Plünderungen und Zerstörungen der Napoleonischen Kriege. Benedikt Bäuerle (nach neuerer Schreibweise), ein Enkel von Benedikt Beurlen d.Ä., beklagte zwar bei der Stadt seine Verluste an Hab und Gut durch die Fortifikationsmaßnahmen, wirtschaftlich überleben konnte er wohl nicht mehr. Die Mühle ging um 1836 an Jakob Beck, dem letzten Papiermüller in Ulm.
Die Gebäude der Mühle wurden in die Fabrikanlagen der Pflugfabrik Eberhardt integriert und spätestens mit diesen in den 1980er Jahren abgerissen.


Quellen:
1: Lore Sopran-Krempel: Die Papiermühle in der Reichsstadt Ulm; in Ulm und Oberschwaben Bd. 33, 1953
alle anderen Daten: Stadtarchiv Ulm, Adressbuch 1812 - 1939



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