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Kies, Sand und andere Natursteine

Hört man Geologen zu, wenn sie sich über die Erdgeschichte des Ach-, Blau- und Schmiechtals begeistern, fallen reiheweise Fachbegriffe wie Trias-Zeit, Würm-Glazial und Weißer Jura zeta 2. Auch veraltete Bezeichnungen wie Tertiär, Miozän usw. finden sich noch vielfach in der Literatur über die Landschaft der südlichen Alb.
Unbefagene Wanderer dagegen bewundern eher die schroffen Felsen an den Hängen der eng gewundenen Täler und den freien Blick über Donau und Iller bis zu den Alpen, den man an manchen Tagen von der Albkante aus genießen kann. Beide Betrachtungsweisen zu verbinden, das Eine aus dem Anderen abzuleiten und auf einen einfachen, gemeinsamen Nenner zu bringen fällt aber nicht immer leicht.

Entstanden ist unser heutiges Landschaftsbild gegen Ende der Jurazeit, also vor ungefähr 150-200 Mio. Jahren. Zu der Zeit hob sich ein vorher noch weitgehend zusammenhängender Urkontinent (Pangäa) aus dem Ur-Meer. Die amerikanische und die europäische Kontinentalscholle drifteten auseinander, es entstand der Atlantik. Teile des europäischen Festlandes, wie z.B. der Schwarzwald, bildeten schon eine zusammenhängende Landoberfläche. Andere Teile waren noch von seichten Gewässern überspült, auf deren Grund sich Sedimente ablagerten. Daraus entstanden in den folgenden 100 Mio. Jahren die unterschiedlichen Kalksteine des Weißen Jura, die heute die Basis der südlichen Alb bilden und für die Zementindustrie bestens geeignet sind, die aber aufgrund ihrer wechselnden Zusammensetzung auch als Werkstein für Steinmetzarbeiten, als Baustoff für den Wegebau oder Zuschlagstoff in der Chemie verwendet werden können.

Die Uferzone einer sich vom heutigen Niedersachsen bis nach Bayern erstreckenden Insel des noch nicht zusammenhängenden Kontinents Europa verlief ungefähr von Ehestetten über Suppingen und Luizhausen nach Nord-Ost und markiert mit seiner Klifflinie die Grenze zwischen der Kuppenalb im Norden (Laichingen, Münsingen, Trochtelfingen) und der Flächenalb südlich davon (Zwiefalten, Schelklingen, Blaubeuren).
Am Heldenfinger Kliff kann man noch die Brandungsspuren dieses Meeres erkennen. Bei einem "Strand-Spaziergang" hätte man hier auch die letzten Dinosaurier beobachten können.
Entlang diese Kliffs entstand später, als sich die Landmassen weiter hoben, ein von Nordosten aus Richtung des Fichtelgebirges kommender Fluß, der viel Geröll, Sand und Lehm mit sich führte. Dessen einstige Sandrinne liegt heute auf dem Hochsträß. In zahlreichen Sandgruben wird hier seit langem hochwertiger sog. "Grimmelfinger Graupensand" abgebaut, der nicht nur als Zuschlagstoff in der Zement- und Glasindustrie eingesetzt wird sondern auch als Abdecksand bei der Kabelverlegung und im Sportplatzbau Verwendung findet und zum Sandstrahlen gut geeignet ist.

Der Einbruch des Oberrheingrabens im sog. "Ober-Eozän", also vor ungefähr 50 Mio. Jahren, und die fortschreitende Hebung des Schwarzwaldes führten zu einer Umkehr der Gefälleverhältnisse in der Region. Der Fluß wechselte seine Richtung und wurde zur heutigen Donau. Deren Flußbett schmiegte sich aber noch eng an die Hänge der Alb und hinterließ dort u.a. die markanten Talschlingen bei Schelklingen und Blaubeuren.
Bis vor rund 2,5 Mio. Jahren, Geologen sprechen vom Übergang des Tertiär in das Pleistozän, grub sich die Donau zwar immer tiefer in das Gelände ein und formte so das heutige Kerbtal der Blau, Ach und Schmiech, sie führte aber viel Schotter mit sich, der sich im Talboden immer höher ablagerte. Gleichzeitig hob sich die Gegend um Allmendingen und Schelklingen, so daß sich die Donau während der Riß-Eiszeit vor 200-300 Tausend Jahren einen neuen Weg suchen musste. In der Nähe von Untermarchtal verließ sie ihr altes Bett und fließt seither den bekannten Weg südlich von Ehingen und Erbach in Richtung Ulm, von wo ab sie wieder ihrem ursprünglichen Lauf folgt. Das alte Donautal wurde zum heutigen Blautal.

Bezogen auf diese lange Vorgeschichte gesehen haben sich erst "kürzlich", nämlich vor 30.000 bis 40.000 Jahren, in den nicht durch Ausschwemmung sondern durch Verkarstung (chemische Herauslösung) entstandenen Höhlen im Achtal die ersten Menschen mit Kunstsinn angesiedelt. Sie hinterließen uns die Venus vom Hohlen Fels und andere Zeugnisse aus ihrem Leben. Auch wenn man diese Völker vielfach unter dem Begriff Eiszeitmenschen einordnet ließ ihnen die noch zu ihren Lebzeiten stattfindenden letzte Kälteperiode an ihren Wohnstätten noch ausreichend Lebensraum.
Die Gletscher der voran gegangenen Eiszeiten (Fachbegriff "Glaziale", heute spricht man von Kaltzeiten) schoben eine Menge Schutt und Geröll aus den Alpen vor sich her. Ihre Ausläufer dehnten sich aber nicht bis an die Donau aus. Das grobe Gletschergestein bildet die heutige Moränenlandschaft des hügeligen Voralpengebiets. Das feinere Material wurde bis in die flachen Zonen südlich der Donau geschwemmt und erstreckt sich als sog. Molassebecken über die gesamte nördliche Alpenfront. Hier hat sich nicht nur Sand, Kies und Schotter großflächig abgelagert, auch Ton und Bohnerz (Eisenstein) findet sich hier in örtlich begrenzten aber teilweise ergiebigen Mengen.
Die vielen Kiesgruben und Baggerseen entlang der Donau und der Iller zeugen von einer langjähringen Ausbeutung dieser Sand- und Kiesbänke, deren Material im Wegebau und als Bauzuschlagsstoffe eingesetzt wird1,2.

Mit dem ersten Kies-Baggerbetrieb in Ulm sollte aber hauptsächlich der weiterhin jährlich von der Iller angeschwemmte Kies abgebaut und die Fahrrinne der Donau freigehalten werden.
Da die Donauschiffahrt durch die Konkurrenz der Eisenbahn zunehmend zum Erliegen gekommen war mussten sich die alteingesessenen Schiffer- und Schiffbau-Familien neue Geschäftsfelder suchen. Mitte der 1880er Jahre versuchte es Martin Scheuffele zusammen mit Compagnons mit einer Badeanstalt in der Donau. Die
→ Familie Molfenter
verlegte sich auf den Holzhandel und gründet zusammen mit Anton Scheuffele ein Sägewerk.
Rudolf Scheiffele betreibt zu dieser Zeit neben der Schifferei auch einen Sandhandel. Zwischenzeitlich hatte sich auch der Schiffmeister Georg Käßbohrer zusammen mit seinem Sohn gleichen Namens als Stockfischhändler einen Namen gemacht.
Beide Familen gründen dann 1896 die Firma
→ Kässbohrer & Scheiffele
um gemeinsam die Anschaffung einer Baggermaschine zu finanzieren, mit der Donaukies gewonnen werden soll.
(Die Schreibweise der Familiennamen Käßbohrer, Scheuffele, Heilbronner, Fetzer und anderer ist zu dieser Zeit noch nicht durchgehend einheitlich)


Kiesbagger in der Donau



Kieswerk von Käßbohrer in Senden

Neben dem Bagger kamen auch mehrere Kettenförderanlagen, sog. Paternosterwerke, zum Einsatz3. Das Unternehmen wuchs später zu einem der wichtigsten Kieslieferanten der Region mit einer imposanten Zerkleinerungsanlage, dem Alpinen Hartschotterwerk in Senden, das jedoch vor einigen Jahren abgerissen wurde.
Der Kiesbagger war an der Ziegellände stationiert (also zwischen heutiger Adenauer- und Eisenbahnbrücke) und scheinbar noch bis in die 1940er Jahre in Betrieb.

Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts war es in vielen Haushalten noch üblich, Böden und Tische mit Scheuersand zu reinigen. Es gab in Ulm mehrere sog. Fegsand-Handlungen, die oft von Frauen betrieben wurden und deren Rohmaterial wahrscheinlich aus dem umliegenden Sandgruben stammte. Scheuersand wurde ab ca. 1910 durch großindustriell hergestelle Scheuerpulver wie ATA von Henkel oder VIM von →Sunlicht als Putzmittel abgelöst.

Der Abbau von Kies, Sand und Naturstein erfolgt bis heute überwiegend durch kleinere Betriebe mit wenigen Mitarbeitern. Trotzdem stellt diese Branche weiterhin einen nicht ganz unbedeutenden Wirtschaftsfaktor in der Region dar.



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Quellen:
1: Herbert Birkenfeld (Hg.) - Aufschlüss, Geologischer Führer durch die Region Donau-Iller, Ulmer Geografische Hefte 3, 1986
2: Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Abt.9 (Hg.) - LGRB-Informationen 18, Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006
3: K. Statistisches Landesamt (Hrsg.) - Beschreibung des Oberamts Ulm, Kommisionsverlag Kohlhammer, Stuttgart 1897, Bd.2, S.144→ google.books (Stand: 12.7.2023)
- alle anderen Daten: Stadtarchiv Ulm, Adressbuch 1812 - 1939


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