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Ferdinand von Steinbeis


geb: 5. Mai 1807 in Ölbronn
gest: 7. Februar 1893 in Leipzig


Ehrenbürger der Stadt Ulm

Das Leben und Wirken von Ferdinand Steinbeis ist in der Ulmer Stadtgesellschaft kaum noch päsent.
Es gibt eine nach ihm benannte gewerbliche Schule und eine Straße im Industriegebiet Donautal.
Dass der einstige Präsident der königl. württemberg. Centralstelle für Gewerbe und Handel hier so wenig Aufmerksamkeit genießt mag daran liegen, dass er kein Ulmer und der Stadt meist fern war. Er lebte und arbeitete die längste Zeit in Stuttgart und zog im Alter zu seiner Tochter nach Leipzig.

Die Bedeutung Steinbeis' für die Entwicklung Ulms zu einer der wichtigsten Industriestädte Württembergs im 19. Jahrhundert darf dennoch nicht unterschätzt werden. Neben seinem Engagement für ein "Gewerbemuseum" und für gewerbliche Fortbildungsschulen führten eine gezielte Unterstützung des mittelständigen Gewerbes mit Sicherheit auch im Ulmer Handwerk zu einer Abkehr vom traditionellen und restiktiven zünftigen System hin zu einer leistungsfähigen Koexistenz von Industrie und Handwerk.1

Sein "Gewerbemuseum" war eine Sammlung bewährter und zweckmäßig hergestellter Baumuster, der dafür benötigten Werkzeuge und einer stets auf dem Laufenden gehaltenen Bibliothek mit Fachliteratur. Heute würde man sein "Museum" als Zusammenstellung der Best Practice Methoden jener Zeit bezeichnen.
Gewerbetreibende konnten in dieser Ausstellung erfahren wie ihre handwerklichen Aufgaben in anderen Regionen und Ländern gelöst werden und sollten für sich daraus technische und wirtschaftliche Verbesserungen ableiten.

Die Ausbildung an seinen gewerblichen Schulen ermöglichte es dem Handwerker-Nachwuchs schrittzuhalten mit der immer schneller voran schreitenden Industrialisierung und den damit einhergehenden neuen beruflichen Anforderungen.

Sein Buch → "Die Elemente der Gewerbeförderung nachgewiesen an den Grundlagen der belgischen Industrie" (Google Books) wurde nicht nur im Königreich Württemberg zur Blaupause einer regionalen Wirtschaftsförderung.

Beobachtungen auf vielen Auslandsreisen und seine Tätigkeit als Gutachter auf internationalen Ausstellungen brachten ihn zur Überzeugung, dass Württemberg und Deutschland nur dann zu Wohlstand kommen kann, wenn sein Gewerbe exportfähig ist und nicht durch Schutzzölle künstlich eingeengt wird.2 Damit stand er im Widerspruch zu Reichskanzler Bismarck und vielen seiner württembergischen Zeitgenossen.
Er erkannte auch die wirtschaftsfördernde Bedeutung der neu entstehenden Eisenbahnen und setzte sich als Abgeordneter im württ. Landtag für den Bau der Donautalbahn von Ulm über Blaubeuren nach Sigmaringen ein.

1855 wird ihm für seine Verdienste vom württembergischen König der persönliche Adelstitel "von Steinbeis" verliehen. 14 Jahre später erfährt er eine ganz andere Ehrung. Ein Kreis aus Industriellen überreicht ihm die hohe Summe von 10.000 Gulden mit der Auflage damit eine nach ihm benannte Stiftung zur gewerblichen Ausbildung der Jugend zu gründen, eines seiner Herzensanliegen.

Über seine wirtschaftspolitische Tätigkeit hinaus war Steinbeis vielfältig engagiert. Entsprechend groß war die Gemeinde der Trauernden bei seinem Ableben wie eine Meldung in den "Mitteilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus" vom 19.Feb. 1893 zeigt.
Von Steinbeis war Ehrenbürger mehrerer Städte. Es wird wohl sein Geheimnis bleiben, warum er bestimmt hat, in Ulm beigesetzt zu werden.
Sein Grabmal ist heute noch im Alten Friedhof zu finden.

→ Alter Friedhof Grab 9/I


Die in Leipzig herausgegebene "Technischen Rundschau" veröffentlichte einen heute noch anrührenden Nachruf. Man kann annehmen, dass der Autor Ferdinand v. Steinbeis persönlich gekannt hat.
(anklicken zur Vollbild-Darstellung)

Darüber hinaus ist die Vita von Ferdinand von Steinbeis ausgiebig dokumentiert. Hier eine Auswahl.




Quellen:
1: → Deutsche Biografie - Steinbeis, Ferdinand von
2: → Meyes Konversations-Lexikon, 3. Aufl. 1880, Seite 854 (Google Books)

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