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Weberei Steiger & Deschler GmbH


U.Steiger
Ulrich Steiger sen.
A. Deschler
Albert Deschler
Die Gründer

Villa Steiger
Villa Steiger gebaut 1892
Villa Deschler
Villa Deschler gebaut 1891

Beide Villen stehen nebeneinander in der Söflingerstraße, unweit des ehemaligen Firmengeländes.

Werksansicht 1950er
Werksansicht, 1950er Jahre
Heute
Fabrikgebäude in Söflingen, heute


Ulrich Steiger sen., Albert Deschler und Franz Xaver Schlaepfer gründen am 1. Januar 1868 im damals noch eigenständigen Söflingen die Weberei Steiger und Deschler.
In der ehemaligen
Drahtzieherei Beck
finden anfangs 10 Webstühle Platz.¹
F.X. Schlaepfer steigt aber bald danach aus dem Unternehmen wieder aus.²
Auch der Standort nördlich der im selben Jahr eröffneten Bahnlinie nach Blaubeuren macht Probleme. Diese können nur durch eine Rechtsstreit mit der Kgl. Württem. Saatseisenbahn über die Einrichtung eines Bahnübergangs südlich der Mühle gelöst werden.
1887 kauft Steiger & Deschler die
Kunstmühle in Söflingen
und errichtet auch dort eine Weberei, legt den Betrieb aber schon 1897 wieder still.
Um 1900 wird es in der Drahtzieherei zu eng und die Wasserkraft der Blau reicht für eine Erweiterung nicht mehr aus. U. Steiger sen. und A. Deschler erwerben die
Söflinger Dorfmühle
am Blau-Kanal und bauen im gegenüberliegenden Garten eine neue Textilfabrik. Die Dorfmühle wird abgerissen und deren Mühlenanlagen für die neue Fabrik genutzt.
Die Firma expandiert, weitere Werke in Schwaben kommen dazu. In Krumbach wird 1908 die 1850 gegründete Weberei Landauer übernommen3. Schon zuvor war Steiger & Deschler Eigner der Kgl. Bleicherei, Färberei und Appreturanstalt in Weißenau bei Ravensburg geworden.2
"Die Weißenau", wie dieses Werk meist nur genannt wurde, ist eine Gründung des St. Gallener Textilfabrikanten Eduard Erpf, der die zu jener Zeit führende Schweizer Bleichtechnik beherrschte. Der württemberische Staat förderte die Ansiedelung und übernahm den Betreib 1851 ganz um einen Kapitalabfluß in die Schweiz zu unterbinden. Ab 1887 wurde die Bleiche an ein Konsortium Ravensburger Gardinenhersteller verpachtet, an dem sich auch die Söflinger beteiligten. Später ging die Anstalt ganz in den Besitz von Steiger & Deschler über.5

Zur Jahrhundertwende stellen rund 500 Beschäftigte für das Unternehmen Musselin-, Batist- und Futterstoffe her, die im In- und Ausland stark nachgefragt waren.4

1912 wird an der Stelle des heute u.a. vom Restaurant-Theater KCC genutzten "blauhaus" ein neues Hauptgebäude der Firma errichtet.1
Seit 1926 widmet man sich bei Steiger & Deschler der Verarbeitung von Kunstseide. Damit wurde der Grundstein für einen wichtigen Geschäftszweig gelegt, der Herstellung von Glasfasergeweben. Vor dem 2.WK produziert man in Söflingen auf rund 1700 Webstühle neben den Stoffe für Bekleidung auch Gewebe für Steppdecken und Dekoration sowie technische Gewebe z.B. für Schreibmaschinen-Farbbänder.¹
In Krumbach beginnt 1939 die Fallschirm-Produktion.¹ In der ehem. Appreturanstalt Weißenau ist traditionell die sog. Ausrüstung beheimatet, also die für die einzelnen Verwendungszwecke notwendige Veredelung der Stoffe und Gewebe.

Durch Kriegseinwirkung brennt nicht nur das Stammwerk in den Söflinger Krautgärten nieder. Auch große Teile des Betriebs in der Söflinger Straße werden zerstört. Aber schon 1950 sind wieder 1000 Webstühle in Betrieb, auf denen monatlich 800 Kilometer Gewebe produziert werden.¹
Nach dem kriegsbedingten Stillstand und Wiederaufbau beginnt die Steiger & Deschler GmbH als einer der ersten Betriebe in Deutschland mit der Produktion von sythetischen Textilien.³

Aus dieser Expertise heraus entsteht 1961 mit der Burlington International AG als Partner die Interglas-Textil GmbH. Die Produktion von Glasgewebe wird in einer neu errichteten Weberei in Blaustein-Klingenstein konzentriert.
Die Stoffe und Textilien aus Söflingen werden weiter unter der Marke "ulmia" vertrieben.

Mitte der 1980er Jahre scheiden die Familien Steiger und Deschler aus der Firma aus, die Steiger & Deschler GmbH und die Interglas-Textil GmbH werden getrennt.²

1989 wird die Interglas-Textil GmbH zur CS-Interglas AG umgewandelt, die Weberei in Blaustein 2007 nach Erbach verlegt. Der Betrieb mit Sitz in der Benzstr. 14 wurde 2017 von der Porcher Industries übernommen und ist heute Mitglied der Porcher Industries Group.

In Krumbach ist man in den 1970er Jahren weltweiter Vorreiter in der Entwicklung und Herstellung von Airbag-Geweben.
Als Folge der Auflösung der Steiger & Deschler GmbH erfolgt dort 1994 die Gründung der UTT Technische Textilien GmbH & Co. KG. die heute eine Tochtergesellschaft des Unternehmens Indorama Ventures (IVL), Thailand ist.
Mit über 300 Mitarbeitern werden dort tech­nische Tex­tilien für Airbags und den Fahrzeuginnenraum sowie den Non-Automotive Bereich hergestellt.³


Vertriebsmarke Steiger & Deschler
Produktinformation der Interglas



Schlichterei
Schlichterei 1962
Betriebsfußballer
Betriebs-Fußballmanschaft 1964

In der Schlichterei wurden die Fäden vor dem Weben mit einer speziellen Flüßigkeit, der sog. Schlichte, imprägniert um sie vor der weiteren Verarbeitung geschmeidiger und widerstandsfähiger zu machen.

Fotos: Archiv M.Pötzl

Quellen und Web-Links:
1: Tradition verpflichtet; Seiler-Verlag Stgt, 1953 → Literaturliste
2: Michael Schick: Firmenchronik Steiger & Deschler -» Steiger-Buch
3:-» Firmen-Homepage UTT Technische Textilien GmbH
4: Rudolf Hirschmann; Die Industrieentwicklung in Ulm seit dem Mittelalter→ Literaturliste
5: Elmar Kuhn; Die Industrialisierung Oberschwabens, in: Von der Krise des 17.Jahrhunderts bis zur frühen Industrialiserung, Kohlhammer 2022, S.54


©Dez. 2020; letzte Aktuallisierung Seite u. Links: Jan. 2023