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Eisengiesserei Ulm, Inh. Herm. Theodor Hopff



geb: 06.10.1838
gest: 27.07.1902




Eisengiesserei Hopff, Ulm 1866 – 1983


Ein Vortrag von Prof. Dr. Otto Künzel, Ulm
beim 3. Ulmer Abend der Technikgeschichte im Jahr 2007


Mit durchschnittlich etwa 150 Mitarbeitern und als wenig beliebter Nachbar, gehört die Eisengießerei Hopff zu den weniger bekannten Ulmer Betrieben.


Auf die Idee, mich mit der Geschichte dieser heute nicht mehr existierenden Firma zu beschäftigen, brachte mich mein Wanderfreund Achim Preschel, der dort etwa 20 Jahre lang als Modellbau-Meister beschäftigt war. Über ihn lernte ich Hans Schurr kennen, der dort 1952 als Lehrling angefangen hatte und es am Ende bis zum Obermeister gebracht hatte.
Beide Herren gaben mir bereitwillig erste Informationen über die Firma. Eine Recherche im Stadtarchiv Ulm erbrachte Ergebnisse zu Bauvorhaben. Als richtig gute Adresse erwies sich das Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg in Hohenheim, wo sich ca. 6 m Akten zu Hopff fanden. Leider noch im unbearbeiteten Anlieferzustand. Eine freundliche Archivarin gestattete mir aber trotzdem eine Akteneinsicht und so kann ich Ihnen heute über die Eisengießerei Hopff berichten.


Gießen ist die einfachste Möglichkeit auch komplizierte Formteile aus Eisen herzustellen und der Bedarf an solchen Teilen seitens der aufstrebenden Ulmer Maschinen-, Fahrzeug- und Pflughersteller war vorhanden.


So entschloss sich der Reallehrer Friedrich Kißling 1866 eine Eisengießerei in Ulm zu errichten.
Das war gar nicht so einfach, denn nach dem Bau der Bundesfestung war Baugrund in Ulm knapp. Einzig das Gelände im „Gewandtboden“, zwischen (heutigen) Karlsplatz und Ostbahnhof gelegen, stand zur Verfügung. Es handelte sich dabei um Acker- und Gartenland, dass zum großen Teil dem Stadtrat und Gärtner Hornung gehörte. Außer Kißling hatten an dem Gelände vor allem die Stadtgemeinde (Neuanlage von Straßen), die Militärverwaltung (Friedenskaserne) und die Eisenbahnverwaltung (Ostbahnhof) großes Interesse.

Stadtplanausschnitt von Ulm
um 1907

Für 2 800 Gulden konnte Kißling aber schließlich 17ar 58qm an der Ecke Syrlin-/Wilhelmstraße erwerben.
Nun mussten die Anlieger gehört werden, zahlreiche Gutachten über Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Nachbargebäude erstellt und ein geharnischter Einspruch des Holzhändlers Mader, einem weiter entfernten Nachbarn, abgewehrt werden, bis die königliche Kreisregierung mit dem Erlass vom 2.11.1866 den Bau und den Betrieb der Eisengießerei genehmigte.


Fünf Wochen später war der Bau fertig und die Firma ging in Betrieb. Im Nov. 1869 verkaufte Kißling den Betrieb für 12 000 Gulden an seinen Sohn Theodor Leopold. Es zeigte sich aber bald, dass der Betrieb nicht rentabel war und am 15.11. 1871 war die Firma am Ende.
Für 8 010 Gulden kaufte die Witwe von Eberhard Bühler aus Neu-Ulm das Anwesen. Sie nahm aber niemals den Betrieb auf, sondern verkaufte die Firma 8 Wochen später für 18 000 Gulden an die Firma Honold und Wagner aus Kleineislingen. Ein Mitinhaber der Firma Honold und Wagner namens Oskar Römer, übernahm im Herbst 1872 die Firma als Alleininhaber. Unter seiner Führung nahm der Betrieb einen starken Aufschwung, Geländezukauf und bauliche Erweiterungen wurden nötig.


Lageplan der Eisengießerei Hopff in der Syrlinstraße



Ansicht der Eisengießerei Hopff in der Syrlinstraße um 1895
Foto einer Werkhalle an der Syrlinstraße im Jahre 1908

Als die Gießerei 1874 abbrannte glaubten die Gegner wieder die Chance zu bekommen, den Betrieb einzustellen, aber wieder vergeblich.


Trotz des geschäftlichen Erfolges zog es Oskar Römer aber zurück nach Kleineislingen, der Heimat seiner Frau, und so kam es ihm gerade recht, dass 1884 der befreundete Hermann Theodor Hopff am Kauf des Betriebes interessiert war.
Für 95 000 Mark ging die Gießerei an Hopff über und blieb fast 100 Jahre in der Familie bis zum Ende 1983.

Artikel über Brand aus dem Ulmer Tagblatt vom 17.7.1874

(anklicken zum Vergrößern


Hermann Theodor Hopff

Wir müssen uns nun ein wenig mit Hermann Theodor Hopff beschäftigen.


Dieser wurde am 6.Oktober 1838 in Stuttgart geboren.


Sein Vater war der Oberzollinspektor Karl Hopff.
Hermann Theodor Hopff wurde Kaufmann und betätigte sich als gewandter Reisender, zuletzt bei seinem Schwager Friedrich Spann, dem Mann seiner älteren Schwester Emilie.


Dieser Friedrich Spann stammte aus der Ulmer Firma
→ Stüwen und Spann
. Er hatte sich als Uhrenhändler im Ausland ein beachtliches Vermögen erworben und betrieb in Hamburg ein einträgliches Uhrengeschäft.
Hermann Theodor Hopff verdiente in der Firma gutes Geld, so dass er an Heiraten denken konnte.

Und damit kommen wir wieder zurück nach Ulm.

Hier hatte sich der Vater von Hermann Theodor im Ruhestand niedergelassen und bei seinen Besuchen der Eltern lernte Hermann Theodor die Tochter Berta des Inhabers der Ulmer Firma Hermann Klemm – Landprodukte und Fette kennen.


1872 heirateten die beiden in Hamburg und ein Jahr später kam die Tochter Klara zur Welt. Da sich in der Beziehung von Hermann Theodor und seinem Schwager Spann Probleme anbahnten und das Hamburger Klima der jungen Ehefrau nicht besonders zusagte, zog die Familie 1874 nach Ulm und Hermann Theodor trat als Teilhaber in die Firma seines Schwiegervaters Hermann Klemm ein.
3 weitere Kinder erblickten in Ulm das Licht der Welt.


(anklicken zum Vergrößern)


Als 1884 der Sohn von Hermann Klemm in die Firma eintreten wollte, musste sich Hermann Theodor nach einer neuen Beschäftigung umsehen und da passte es gut, dass sein Freund und Eisengießereibesitzer Oskar Römer den Betrieb in Ulm aufgeben wollte.
Hermann Theodor kaufte den Betrieb.


Dass der Kaufmann nun Eisengießer werden konnte war nur möglich, weil er mit dem Betrieb auch einen tüchtigen Gießermeister namens J.F. Wittig übernommen hatte.
Mit diesem arbeitete er hervorragend zusammen und in der Fürsorge für Angestellte und Arbeiter galt der Betrieb als vorbildlich. Seit 1884 gibt es übrigens auch Aufschriebe über die Jahresproduktion.
Grob gilt: Produziert wurden soviel Tonnen/Monat wie der Betrieb Mitarbeiter beschäftigte.


Hauptabnehmer waren die Stadtgemeinde Ulm und die Ulmer Industriebetriebe, insbesondere die Pflugfabrik Eberhardt.


Da der Betrieb wuchs und Hermann Theodor fortschrittlich dachte, wurde die Handformerei durch eine Maschinenformerei ergänzt und die Eisengießerei Hopff war eine der ersten, die sich einen Fernsprechanschluss (Nr. 20) einrichten ließen.


Es war ein schwerer Schicksalsschlag für Hermann Theodor, als seine Frau 1887 nach längerer Krankheit starb.
Ein Versuch mit einer Haushälterin schlug fehl und da sich Hermann Theodor mit der jüngeren Stiefschwester seiner Frau, Elisabeth Klemm, schon immer gut verstanden hatte, fragte er bei ihr an. Nach einer gewissen Bedenkzeit ob des großen Altersunterschieds stimmte sie zu und 1888 heirateten beide.
Die Ehe war glücklich und Elisabeth bekam noch zwei Kinder.


Die Firma war auf dem besten Weg sich hervorragend weiter zu entwickeln, als sich bei Hermann Theodor ein Leiden zeigte, dass schließlich in der Nacht vom 26. auf den 27.Juli 1902 zum Tode führte. In seinem umfangreichen Testament hatte er seine 6 Kinder und seine Ehefrau als Erben eingesetzt und die Weiterführung in der Familie vorgesehen, mit den beiden Söhnen als Geschäftsführer.
Mit der Umwandlung in eine G.m.b.H. mit einem Stammkapital von 175 000 Mark wurde der neuen Situation Rechnung getragen.


Da keiner der Söhne zu dieser Zeit in der Lage war, die Geschäftsführung zu übernehmen, übernahmen die Frau von Hermann Theodor und der Mann von Hopffs ältester Tochter Klara, Herr Hermann Springer, zunächst dieses Amt.


In dieser Zeit kam es auch zur Trennung von dem Gießereimeister Wittig.
Nachdem dessen Sohn Richard, der von Hermann Theodor sehr gefördert worden war, aus Verärgerung über die Einstellung eines neuen technischen Direktors, der sein Vorgesetzter wurde, kündigte, musste auch sein Vater die Firma verlassen.
Richard Wittig gründete eine eigene Gießerei, die ab 1922 unter
→ „Süddeutsches Gusswerk, Berthold Link“
firmierte. 1963 stellte der Enkel von Berthold Link den Gießereibetrieb ein und wurde technischer Kundenberater bei Hopff.

Ernst Hopff

Im Dezember 1904 hatte der älteste Sohn von H.T. Hopff seine Ausbildung abgeschlossen und konnte die Geschäftsführung übernehmen, ab 1906 als alleiniger Geschäftsführer.


Da der Betrieb am alten Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten hatte, betrieb Ernst Hopff die Umsiedelung in den Ulmer Westen an das Gebiet am sog. Westgleis, der heutigen Magirusstr.
Da mit der Umsiedelung auch eine neuartige Umstellung beim Temperguss geplant war, die völlig daneben ging, kam die Firma in ernsthafte Schwierigkeiten, die sogar zu einer vorübergehenden Einstellung des Betriebs am Westgleis führte. Der Betriebsverlust betrug 160 000 Mark.
Durch Geldzuwendungen der Gesellschafter und durch Erlöse aus dem Betrieb in der Syrlinstr. konnte der Betrieb gerettet werden.


Es zeigte sich aber, dass der Betrieb an zwei Standorten zunehmend unwirtschaftlich war und so kam der gesamte Betrieb 1910 -1914 nach und nach in die Weststadt.


Ursache für die lange Umzugsdauer war, dass das Gelände an der Syrlinstr. nach langen Versuchen erst 1913 an den Brauereibesitzer Leibinger verkauft werden konnte.


Ernst Hopff gelingt es, die Firma trotz vieler Probleme durch die Zeit des 1. Weltkriegs und der nachfolgenden Weltwirtschaftskrise zu führen und auch die Umstellungen durch die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 zu bewältigen. Auch bauliche Veränderungen, wie der Neubau des Verwaltungsgebäudes, waren machbar.


Armin Hopff

Als Ernst Hopff am 29. Mai 1937 an einem Herzschlag verstarb, übernahm sein Stiefbruder Armin, der schon seit 1928 im Betrieb tätig war, die Geschäftsführung, die er bis 1962 inne- hatte.


Nach dem 2. Weltkrieg trat ihm Walter Springer, ein Enkel von H.T. Hopff, zur Seite, da Armin Hopff politisch belastet war.


Das Produktionsprogramm der Firma waren unterschiedlichste Graugussteile bis zu 3000 kg für diverse Kunden in ganz Deutschland, sowie ein eigenes Programm von Gussteilen für die Landwirtschaft (Handräder, Rollen, Transmissionsteile u.a.m.) das auch Fertigfabrikate wie einen Rübenschneider, Kupplungen oder Deichselträger umfasste.


Im 2. Weltkrieg lieferte Hopff Gussteile für Panzer an Maybach/Friedrichshafen, Motorenteile für Flugzeuge an Heermann/Haunstetten, Teile für den Raupenschlepper Ost an KHD, ZF und Steyr-Puch, Teile für Feuerspritzen und Leitern an KHD, Teile für Werkzeugmaschinen an Kopp/NU, Ott/Kempten, Teile für Verpackungsmaschinen an Majer/TÜ und Teile für Bodenbearbeitungsgeräte aus dem Programm Ostacker an Eberhardt/UL.


Die Belegschaft bestand in dieser Zeit zu 50% aus zivilen Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen, insgesamt ca. 96 Personen, die auf dem Firmengelände in Baracken wohnten.


Die Zerstörungen im Krieg hielten sich in Grenzen, zerstört wurden das Modell-Lager, die Ausländer-Baracken und einige Schuppen, so dass der Betrieb nach Kriegsende sofort wieder aufgenommen werden konnte.


Wie die Geschäftsberichte zeigen, lief der Betrieb ordentlich und die Einnahmen ermöglichten auch die Finanzierung von Modernisierungen.


Sehen wir uns einmal einige typische Produkte an:



Frontdrehmaschine (links), Bremstrommeldrehmaschine (rechts), Dreikolbenpumpe (oben)

Werfen wir nun auch einmal einen Blick in den Betrieb.



Die Produktion eines Gussteils beginnt immer
mit der Erstellung eines Modells.
Meister Joachim Preschel beim Fräsen eines Modells
⇛ ⇛

Das Modell-Lager enthält mehr als 10000 Modelle

Großformerei
Im Formenkasten wird das Modell in Formsand abgeformt.
In die Sandform wird das flüssige Eisen gegossen

In einem Schachtofen (Kupolofen) wird das Eisen erschmolzen.
Hopff besaß zwei Öfen, die etwa 5 m hoch waren
und ca. 1 m im Durchmesser hatten

Kupolöfen in der Eisengießerei Hopff

Wenn die Schmelze in der Form abgekühlt und erstarrt ist,
kann das Gussteil aus der Form geschlagen werden.

Sind die Gussteile entformt, müssen sie
versäubert „geputzt“ werden

Gußputzerei für Kleinteile in der Fa. Hopff

Aus Altersgründen gab Armin Hopf 1962 die Geschäftsführung an Walter Kunze, einen Enkel von H.T. Hopff, und an Walter Liesching, Urenkel von H.T. Hopff, ab. Sie führten den Betrieb gemeinsam, was zu Problemen führte.


Mitte der 1970er Jahre wurden die Spannungen zwischen beiden so groß, dass die Versammlung der Inhaber 1976 beschloss, einen Geschäftsführer von außen zu berufen. Die Wahl fiel auf Adolf Wolpert von der Fa. Kopp in Neu-Ulm.


Es war leider offenbar keine gute Wahl. Durch enorme Investitionen in schwieriger Zeit führte er den Betrieb immer tiefer in finanzielle Schwierigkeiten, so dass am 7. Sept. 1983 – für die Belegschaft völlig überraschend – das Konkursverfahren eröffnet werden musste.
Die Eisengießerei Hopff war am Ende.


Die Maschinen und das Gelände wurden verkauft und heute erinnert fast nichts mehr an den Betrieb, der fast 120 Jahre in Ulm ansässig war.


(von links) Prokurist Groß, 1. Gf. Walter Liesching , Gießereileiter Grosch, 2. Gf. Walter Kunze, Betriebsratsvorsitzender Knupfer


Berichte in der Ulmer Presse zum Konkurs der Eisengießerei Hopf im September 1983



Übergabe der Arbeitspapiere an die Mitarbeiter (Südwestpresse Ulm)

Das letzte Bild vom Werk in der Ulmer Südwestpresse

Das Luftbild aus dem Jahr 2007 zeigt die heutige Bebauung. Das Gelände der Eisengießerei Hopff befand sich in der Bildmitte

Die Eisengießerei Hopff ist verschwunden aber einige Spuren von ihr findet man noch heute.


Produkte aus der Eisengiesserei Hopff


In der Stadt erinnern die gusseisernen Brunnentröge auf dem Münsterplatz, auf dem Weinhof und an anderen Stellen an die Eisengießerei Hopff.

Ein Standard-Produkt von Hopff waren gusseiserne Vermessungspunkte und wenn man heute in Ulm und Umgebung wandert, findet man sie an vielen Orten.



Quellen: Informationen von ehemaligen Mitarbeitern
(Joachim Preschel, Hans Schurr)
Stadtarchiv Ulm
Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, Hohenheim


Verfasser:

Prof. Dr.-Ing. Otto Künzel,
Beim Tannenhof 55, 89079 Ulm
Fon 0731-41201
Mail kuenzel@hs-ulm.de

 
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Hopff 1913
Fa. Hopff, 1913
Hopff 1941
Fa. Hopff, 1941


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